Weiß ich, was ich will? – Die Nutzung von Ackerflächen in Roten Gebieten

von Kay Tönnsen

Die Arbeit als Coach und Mediator hat immer wieder etwas mit verschieden Sichtweisen der Menschen zu tun. Die Diskussion über „Falsch“ und „ Richtig“ ist so alt, wie die Menschheit selbst. Aus der eigenen Perspektive heraus scheint einem die Welt klar und schlüssig.
Ernte auf dem Hof Redentin
Ernte auf dem Hof Redentin (© Hof Redentin)

Die Ausgangssituation: Viele landwirtschaftliche Unternehmer:innen haben ihre Verpächter:innen stets über alle öffentlichen Vorgänge informiert und in den öffentlichen Prozess miteingebunden, um allen Beteiligten Klarheit zu ermöglichen, da es auch immer um eine Entwertung des Eigentums geht.

Die Ausweisung eines Roten Gebietes aufgrund zu hoher Nitratwerte, die durch einen einzigen Messpunkt belegt sein sollen, wurde an unserem Standort im letzten Jahr vorgenommen. Im letzten Weihnachtsbrief wurden den Verpächter:innen die Zusammenhänge dargelegt. Von der zulässigen Stickstoffmenge ist in einem Roten Gebiet nochmals 20 % Reduktion verlangt. Nun ist es ja nicht so, dass jede Ackerfläche und jedes Flurstück betroffen ist. Von zwei Flächen, die durch einen Radweg getrennt sind, liegt die eine im Roten Gebiet und die andere nicht. Dementsprechend haben einige Verpächter:innen Flurstücke, die von der Regelung betroffen sind und andere Parzellen nicht.

Und was kam dann: Die Reaktionen vielen sehr unterschiedlich aus. Einige wünschten sich langjährige Dokumentationen über die Stoffeinträge auf ihren Flurstücken. Zudem wurde via Mailkontakt eine generelle Diskussion über die „Verschmutzung und Ausbeutung“ der Böden sowie über die „falsche Form der Landwirtschaft“ angestoßen. Nach Bereitstellung von Dokumentationen, wünschten einige Verpächter:innen, dass auf ihren Flurstücken, die nicht im Roten Gebiet liegen, ebenfalls 20 % weniger Stickstoff ausgebracht werden möge, um die Umwelt weniger zu belasten. Da es sich teilweise um sehr kleine Flurstücke handelt, ist allein die technische Umsetzung spannend.

Die Lösung: Der Vorschlag an die Verpächter:innen, den Pachtvertrag sofort aufzulösen und die Flächen von einem ökologisch wirtschaftenden Betrieb pachten zu lassen, wurde ebenso abgelehnt, wie das Angebot, einen gemeinsamen Flurtausch durchzuführen, um das Eigentum der Verpächter:innen ausschließlich als Bienenweide und ökologische Vorrangfläche zu nutzen. Stattdessen wurde das zum Weihnachtsbrief beigefügte Pachtverlängerungs- und Pachterhöhungsangebot angenommen und unterzeichnet.

Fazit: Vordergründig wissen wir oft, was falsch oder richtig ist. Bei intensiverer Betrachtung verwässert diese Klarheit allerdings und wir treten in einen inneren Konflikt, der da lautet: was möchte ich wirklich? Plötzlich verspüren wir mehrere Interessen (ökologische Ausrichtung, Geld, Sicherheit) und merken, dass die Welt doch nicht nur schwarz und weiß ist.

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