Die Altfredeburger Studienwoche 2020 versprach ein interessantes Programm, von dem die Teilnehmenden noch lange zehren würden. Und sie sollten nicht enttäuscht werden: Steinzeithirn versus Informationsflut, Digital Natives versus Digital Immigrants, Reizüberflutung versus Konzentration auf meinen Gesprächspartner, dauer-online versus Digital Detox, eine Ära, in der Ältere von Jüngeren lernen und nicht zuletzt wallendes Haar versus Kurzhaarrasur.
Aber der Reihe nach: Gleich zum morgendlichen Einstieg der Tagung wurde die Frage erörtert, warum die junge Generation, die mit der Nutzung der digitalen Möglichkeiten aufgewachsen ist, als Digital Natives bezeichnet wird. Die nicht mehr ganz so jungen gelten demgegenüber als Digital Immigrants. Als „Einwanderer“ müssten Sie sich diese neue Welt aktiv erschließen. Katrin Mehner brachte dazu in Gesprächsgruppen jeweils gezielt Jung & Alt zusammen. Es wurde deutlich, dass vor allem der direkte Austausch, die gemeinsamen Werte und die Beziehung untereinander für alle Generationen gleichermaßen essenziell sind.
Frau Prof. Dr. Maren Urner sorgte anschließend mit ihrem Vortrag „Wie wir mit unserem Steinzeithirn der digitalen Informationsflut besser begegnen“, für spannende und unterhaltsame Impulse. Ihr Credo: „Unser Gehirn ist veränderbar, und das ein Leben lang. Wahrnehmungen, Gewohnheiten und Entscheidungen sind also offen für unsere Erfahrungen“. Mit der Digitalisierung verbinden viele eine Ära, in der erstmals Ältere von Jüngeren, den Digital Natives, lernen. Doch andererseits hätten beide Generationen eine zentrale Herausforderung zu meistern: Sich auf eine Aufgabe zu fokussieren, wenn viele Informationen über mehrere Kanäle gleichzeitig verarbeitet werden müssen. Diese Kompetenz der Fokussierung sei wiederum bei den Immigrants zumeist starker ausgeprägt, erklärte Prof. Urner augenzwinkernd. Sie gab unter anderem zwei scheinbar so einfache und wirkungsvolle Tipps zum Umgang mit der Informationsflut, die für viele doch so schwierig einzuhalten seien: Klar definierte Zeitfenster ohne E-Mail- und WhatsApp-Kommunikation und Grenzen setzen zwischen Privat- und Berufsleben.
Noch einen Schritt weiter ging Frater Lucas Leonhard Wieshuber OP vom Dominikanerkonvent in Wien mit seinen Tipps, um der Komplexität unserer heutigen Kommunikation und der Schnelligkeit unseres Lebens zu begegnen. Mit Stille. Um sich intensiv wahrzunehmen, brauche es Stille. Frater Wieshuber erläuterte unter dem Thema „Digital Detox: Auf die Stille hören“, dass Stille die Voraussetzung dafür sei, auf sich und in sich zu hören. Die Teilnehmer/innen der Studienwoche erlebten dies sehr beeindruckend, indem sie seinen Anleitungen folgend, schwiegen. Etwa 30 Minuten Schweigen und in sich hören. Die Wirkung, die sie bei sich verspürten: Entspannung, Erkenntnisse, Auf- und Durchatmen, zur Ruhe kommen….
„Die Landwirtschaft der Zukunft wird digitalisiert”, erklärte Ralf Kalmar, Geschäftsmanager und Co-Head Business Development am Frauenhofer Insitut IESE gleich am Anfang seines Vortrages “Digitalisierung in der Landwirtschaft“. Software-gestützte Optimierung und Automatisierung landwirtschaftlicher Arbeits-und Geschäftsprozesse, sogenanntes Smart Farming, nimmt immer weiter zu – Doch werden wir in 5 Jahren eine zentrale Plattform haben, die bestehende Elemente in ein umfassenderes digitales Ökosystem integriert? Einen Industriestandard nutzen, den große Player untersich ausgemacht haben? Oder eine Adaption von Technologien wie Ontologien oder Daten-nutzungskontrolle beobachten? Es bleibt abzuwarten. „Die optimale Digitalisierung muss es schaffen, dem Landwirt und allen anderen Teilnehmern im landwirtschaftlichen Ökosystem integrierte Lösungen anzubieten, die die heutigen Grenzen zwischen Herstellern und betrieblichen Bereichen aufbrechen“, erklärt Ralf Kalmar.
Ein weiteres Highlight der Studienwoche war das Theaterstück des diesjährigen TOP Kurs. Nicht digitale sondern elektrische und schon sehr ungewöhnliche Szenen spielten sich am Donnerstagabend im Theaterstück ab: Es wurden kurzerhand die Haare eines TOP Kurs Teilnehmers geschoren. „Da gehört verdammt viel Mut dazu. „Das war voller Körpereinsatz“, so die Kommentare der Zuschauer zur live Kopfhaarrasur des Akteurs. Die Aufführung des TOP Kurs ist jedes Jahr das erste Highlight gleich zum Auftakt der Studienwoche. Unter der Leitung von Julia Andres zauberten die TOP Kursler in diesem Jahr unter dem Titel “Es ist einmal – Ein Märchen wie aus dem echten Leben“ eine gelungene Vorstellung auf die Bühne: Männer auf High Heels, aktuelle landwirtschaftliche Themen, aktuelle TV-Formate wie „Top Model“ und ein Prinz, der eine Braut sucht. „Wir haben jedes Jahr das Gefühl, dass die vorherigen Stücke wieder getoppt werden“, so eine Teilnehmerin.
Rund 200 Gäste waren in diesem Jahr zur jährlich in Königswinter stattfindenden Altfredeburger Studienwoche aus dem gesamten Bundesgebiet gekommen. Zum Hintergrund: Altfredeburger darf sich nennen, wer an den sogenannten Langen Kursen (heute TOP Kurs) der Andreas Hermes Akademie seit 1948 teilgenommen hat. Diese Gemeinschaft von etwa 1.000 Ehemaligen hat sich ihren Namen nach dem ersten Standort der Akademie – Bad Fredeburg – gegeben. In Zusammenarbeit mit dem Verein Freundeskreis der Altfredeburger e.V. führt die AHA eine jährliche Tagung, die Altfredeburger Studienwoche durch, in der sich die Teilnehmenden mit Zukunftsthemen auseinandersetzen und aus Vorträgen, Diskussionen, Workshops und persönlichem Austausch, Anregungen und Perspektiven für ihren betrieblichen und familiären Alltag sowie Motivation für ihr gesellschaftliches Engagement mitnehmen.
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Impressionen der Altfredeburger Studienwoche 2020
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